Petit Pierre und Vandal - die ersten Schiffe mit Dieselmotorantrieb

Karl-Heinz Hochaus

 

Dieser Beitrag wurde am 28. Dezember 2017

auf www.dieselmotoren-historik.com online gestellt und am

16.Juni auf Hochhaus-Schiffsbetriebstechnik hochgeladen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 1: Dyckhoff (Mitte stehend) mit Kommilitonen in Zürich (Quelle  dieselmotoren-Historik)

 

 

 

 

 

 

 

 

Einführung

Mit dem Dieselmotor, der Verbrennungs-Kraftmaschine mit Selbstzündung des Brennstoffs im Zylinder, hatte Rudolf Diesel die rationellste Wärmekraftmaschine erfunden und gemeinsam mit den Fabriken Maschinenfabrik Augsburg, später MAN, und Fried. Krupp realisiert. An der Schwelle des 20. Jahrhunderts begann dann die breite Anwendung stationärer Dieselmotoren mit dem Vorteil des geringeren Platzbedarfs zu vergleichbaren Dampfanlagen, die raumsparende Unterbringung des flüssigen Brennstoffs, die Einsparung von Betriebspersonal und besonders die schnelle Betriebsbereitschaft. Nachteile waren die höheren Anschaffungs-, Wartungs- und Reparaturkosten sowie die Zusatzschulung des verantwortlichen Maschinenpersonals.

 

Bei der Verwendung von mobilen Anwendungen stand der Schiffsantrieb, die Hilfsmaschinen und die elektrische Stromerzeugung für den Schiffshilfsbetrieb im Vordergrund [1]. Unter vergleichbaren Verhältnissen würde ein Motorschiff nur etwa 25% des Brennstoffgewichts verbrauchen, das ein zu dieser Zeit übliches kohlegefeuertes Dampfschiff für die gleichen Seereise benötigen würde. Dadurch vergrößerte sich der Aktionsradius erheblich und bei langen Rundreisen war der Anlauf weiterer Bunkerhäfen nicht mehr notwendig. Besonders das zusätzliche Ladevermögen war von Vorteil, da der Platz für die Bunkerkohle für zahlende Ladung frei wurde. Da Schiffe nicht nur vorwärts, sondern auch rückwärtsfahren, sollten Dieselmotoren möglichst umsteuerbar sein. Diese Forderung war ein Problem, verzögerte die Einführung in die Schifffahrt und wurde 1903 von den Binnenschiffen Petit Pierre und Vandal anders gelöst [2]. Auf der Petit Pierre mit 25 PS Motorleistung ermöglichte ein Verstellpropeller die Rückwärtsfahrt und auf der Vandal wurde das Problem elektrisch gelöst: die drei 60-PS-Dieselmotoren trieben Generatoren an, die zur Stromversorgung der elektrischen einfach umschaltbaren Fahrmotoren dienten.

 

 

 

 

 

 

Bild 2: Umsteuereinrichtung von Dyckhoff

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rudolf Diesel wurde 1881 im Alter von 21 Jahren Direktor in der Linde'schen Eisfabrik in Paris und im September des gleichen Jahres wurde sein erstes Patent zur Herstellung von Klareis angemeldet. Er lernte ein Jahr später in Paris den gleichaltrigen  Ingenieur Frédéric Dyckhoff kennen.

 

Dyckhoff ging 1883 nach Bar-le-Duc im Nordosten Frankreichs zurück, um die mechanische Werkstatt seines Vaters zu übernehmen. Er erhielt ein Jahr später also 1884 eine der ersten Lizenzen von Diesel und gründete mit Diesels Hilfe eine kleine Motorenfabrik in seiner am Rhein-Marne-Kanal gelegenen Heimatstadt. Hier wurden kleine Motoren nach dem Patent von Diesel gebaut. Dyckhoff und Diesel wurden Freunde, und sie gründeten 1897 zur Patentauswertung in Frankreich die „Société Française des Moteurs R. Diesel“ [3].

 

 

 

 

 

Bild 3: Dyckhoff Motor in der Petit Pierre

 

 

 

 

 

 

 

 

Dyckhoff (Bild 1) hat zwei Jahre später eine technische Lösung zum Umsteuerproblem zu Papier gebracht; die Konstruktion sah für die Vorwärts- und Rückwärtsfahrt je eine mit einem Hebel verschiebbare Nockenwelle vor (Bild 2). Sie wurde 1899 von Dyckhoff, MAN und Fried. Krupp mit dem DRP 107395 unter der Bezeichnung “Vorrichtung zum Umsteuern von Explosions- und Verbrennungskraftmaschinen“ geschützt [4]. Diese Umsteuervorrichtung hatte einige Mängel und wurde 1914 als verbesserte Konstruktion in dem Werkspoor-Antriebsmotor des Tankers Vulcanus verwendet.

 

Die Pariser Firma Sautter, Harlé & Cie hatte 1899 von der Société Française des Moteurs R. Diesel eine Lizenz zum Bau von Dieselmotoren erhalten. Der Chefingenieur Adrien Bochet, der bisher liegende Petroleummotoren für Schiffe baute, konstruierte einen kleinen liegenden Tauchkolben-Dieselmotor. Der dritte dieser Motoren, ein Einzylinder Tauchkolbenmotor, wurde am 18. Mai 1903 an Dyckhoff geliefert. Er wurde in die Petit Pierre, einen als Peniche bezeichneten Frachtkahn, eingebaut (Bild 3). Die Petit Pierre gehörte der Stahlhütte Hachette et Driout in Saint-Dizier, war 38,5 Meter lang, fünf Meter breit und hatte eine Tragfähigkeit von 265 Tonnen. Der als Dyckhoff-Bochet bezeichnete Dieselmotor war ein Gegenkolbenmotor mit aus heutiger Sicht komplizierter Konstruktion. Der in der Schiffsmitte angeordnete Viertakt-Motor hatte eine Bohrung von 210 mm und für jeden Kolben einen Hub von 300 mm [3]. Er hatte eine Nennleistung von 25 PS bei 360 U/min und trieb einen Verstellpropeller an.

 

 

 

 

 

 

Bild 4: Lastkahn Petit Pierre

 

 

 

 

Am 30. September sandte Dyckhoff Diesel eine Ansichtskarte mit einem Bild der Petit Pierre (Bild 1). Darin schrieb er, dass die Peniche im Motorbetrieb die Strecke von 11 Kilometer zwischen Bar-le-Duc und Commercy in zweieinhalb Stunden gefahren ist. Er lud Diesel zu einer Testfahrt ein und am 25. Oktober erfolgte eine Gästefahrt mit einem begeisterten Rudolf Diesel an Bord.

 

 

 

 

 

 

Bild 5: Dyckhoff  mit Frau Marie und Sohn Louis-Rudolphe bei einer gemeinsamen Fahrt auf dem Lastkahn Petit Pierre

 

 

 

 

 

 

 

 

Emanuel Nobel erwirbt Motorlizenzen für Russland

1896 traf der Ingenieur Anton Gustav Robert Carlsund (1865-1958) bei der Industrieausstellung in Nischni-Nowgorod den Petersburger Fabrikanten Emanuel Nobel (1859-1932), ältester Sohn von Ludwig Nobel und Neffe von Alfred Nobel. Carlsund hatte mit dessen jüngerem Bruder Carl Nobel am Royal Institute of Technology in Stockholm studiert. Emmanuel Nobel stellte ihn als Motorenbauer für seine Petersburger Maschinenfabrik ein. Bei der Teilnahme zur VDI-Hauptversammlung am 16. Juni 1897 in Kassel hörte Carlsund die Vorträge von Rudolf Diesel und Professor Moritz Schröter; er berichtete Nobel darüber und über das seiner Meinung nach großes Entwicklungspotential dieses Motors. Nobel erörterte das Dieselmotor-Prinzip mit Petersburger Kollegen, die ihm aufgrund der hohen Kompression jedoch von einer möglichen Beteiligung abrieten.

 

Als Emanuel Nobel Anfang 1898 in Stockholm mit dem Juristen und Bankier Marcus Wallenberg (1864-1943) über den Motor sprach, zeigte der großes Interesse. Wallenberg war von dem Nürnberger Geschäftsmann Berthold Bring, der an den amerikanischen Lizenzverhandlungen für Adolphus Busch beteiligt war, ebenfalls auf den Motor als wichtige Zukunftsinvestition hingewiesen worden. Diesel hatte am 20. Januar 1898 eine Option für Wallenberg und den schwedischen Ingenieur Oskar Lamm, Chef der Stockholmer Maschinenbaufirma Nya A.B. Atlas, für die schwedischen Lizenzen unterzeichnet [3], die bei diesem Termin auch den Motor im Augsburger Versuchslabor besichtigten.

 

Schon im Februar 1898 fuhren Nobel und Wallenberg nach Berlin und am 14. Februar 1898 fand das Treffen mit Diesel und seinem Agenten Bring im Hotel Bristol statt. Sie verhandelten mit Diesel über Motorlizenzen für Russland und weitere gemeinsame Unternehmungen. Am 16. Februar 1898, am Ende der mehrtägigen Verhandlungen, unterzeichnete Emanuel Nobel den Vertrag mit Diesel und zahlte insgesamt 800.000 Mark. 600.000 Mark wurden in bar und 200.000 Mark für Aktien der neu gegründeten Firma Russische Dieselmotor GmbH mit Standort in Nürnberg gezahlt [3].

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 6: Maschinenfabrik Ludwig Nobel, St. Petersburg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Maschinenfabrik Ludwig Nobel, St. Petersburg

 

1862 wurde die 1859 liquidierte St. Petersburger Fabrik der Nobels von Ludwig Nobel (1831-1888, andere Schreibweise Ludvig Immanuel Nobel, Bild 4) wieder gegründet. Sie nahm einen steilen Aufschwung, als 1874 der Ölrausch in Baku ausbrach. Die Fabrik konstruierte und baute Dampfmaschinen, Dampfkessel, Pumpen, Lüfter sowie Achsen und Räder. 1873 suchte sein Bruder Robert Nobel (1829-1896) im Kaukasus und um Baku nach Holz für die Maschinenfabrik und hat dabei in Baku erste Ölbohrrechte erworben. 1878 wurde von den Brüdern Ludwig und Robert Nobel mit einem Kapital von 3 Millionen Rubel die später als Branobel bekannte Firma Naftaproduktionsbolaget Bröderna Nobel in Baku gegründet. Sie wurde zu einer der erfolgreichsten Ölfirmen der damaligen Zeit.

 

Nach Ludwig Nobels Tod übernahm sein Sohn Carl Nobel, der an der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm Ingenieurwissenschaften studiert hatte, 1888 die Maschinenfabrik in St. Petersburg, Bild 5. Er änderte das Fertigungsprogramm, da Russland seit 1880 in einer tiefen Rezession verharrte. Carl Nobel schloss einen Lizenzvertrag mit einer Werkstatt in der Schweiz zum Bau von 3-, 5- und 7-PS-Petroleummotoren ab. Sie arbeiteten jedoch nicht zufriedenstellend und als Carl Nobel 1893 starb, waren seine Arbeiten zur Verbesserung der Petroleummotoren noch nicht abgeschlossen.

 

 

 

 

 

Bild 7: Carl Nobel Geboren: 22. September 1862

Verstorben: 27. November 1893

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach Ludwig Nobels Tod übernahm sein Sohn Carl Nobel, der an der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm Ingenieurwissenschaften studiert hatte, 1888 die Maschinenfabrik in St. Petersburg. Er änderte das Fertigungsprogramm, da Russland seit 1880 in einer tiefen Rezession verharrte. Carl Nobel schloss einen Lizenzvertrag mit einer Werkstatt in der Schweiz zum Bau von 3-, 5- und 7-PS-Petroleummotoren ab. Sie arbeiteten jedoch nicht zufriedenstellend und als Carl Nobel 1893 starb, waren seine Arbeiten zur Verbesserung der Petroleummotoren noch nicht abgeschlossen.

 

 

 

Bild 8: Anton Carlsund, geb. am 7. Juni 1865 bei Stockholm, gestorben am 4. Dezember 1958

 

 

 

Sein älterer Bruder Emanuel Nobel (1859-1932) leitete die Ölgesellschaft und übernahm auch die Fabrik. Nach dem Erwerb der Lizenzen zum Bau von Dieselmotoren wurde in St. Petersburg eine moderne Motorenfertigung aufgebaut, um die vielerorts eingesetzten Dampfmaschinen mit den sparsamen Dieselmotoren zu ersetzen. Carlsund, inzwischen einer der Konstruktionschefs in der Petersburger Maschinenfabrik, hatte praktische Erfahrungen im Augsburger Labor von MAN gesammelt. In dieser Zeit hat er auch die Kämpfe von Imanuel Lauster (1873-1948), Diesels Mitarbeiter und dem späteren MAN-Vorstandsvorsitzenden, mit dem ersten gewerblich genutzten Dieselmotor (60 PS) in der Zündholzfabrik Kempten miterlebt.

 

 

 

 

 

 

 

Bild 9: Werkstatt von Diesels otorer in Sickla

 

 

 

 

Anhand der von Diesel übersandten Zeichnungen wurde die Motorkonstruktion von Carlsund und seinen Mitarbeitern vereinfacht, um die Motorbauteile an die Fertigungsmöglichkeiten der Fabrik anzupassen. Außerdem wurde der Kompressionsdruck erhöht, die Luft-Brennstoffeinspritzung optimiert sowie die Gewichte verringert (allein das Schwungrad wog 1,4 t). Damit reduzierte sich das spezifische Gewicht des „A“-Motors mit 260 mm Bohrung und 410 mm Hub von 425 kg/PS auf 375 kg/PS gegenüber dem Augsburger Motor 26/41 [3].

 

Dieser erste Motor mit einem A-förmigen Ständer und einem Kreuzkopf wurde 1899 am Technischen Institut in St. Petersburg getestet. Der Motor arbeitete gleichmäßig mit unsichtbaren Abgasen. Bei der Nennleistung von 20 PS bei 205 U/min betrug der Kraftstoffverbrauch 258 Gramm pro PS und Stunde [3].

 

Als nächstes wurde ein Zweizylindermotor mit 40 PS Nennleistung mit gleicher Bohrung und Hub konstruiert und gebaut. Es folgte ein größerer Einzylindermotor (300 x 460 mm) mit 30 PS bei 180 U/min und schon um 1900 umfasste der Motorenkatalog von Nobel 16 Typen der „A“-Dieselmotoren von 15 bis 100 PS. In der eigenen Fabrik waren die Dampfmaschinen abgelöst worden und drei Einzylindermotoren (je 20 PS) und zwei Zweizylindermotoren (je 40 PS) dienten zur sparsamen Stromerzeugung im Werk.

 

Die weitere Entwicklung des Nobel-Dieselmotors wurde durch soziale Unruhen und Demonstrationen der Petersburger Arbeiter stark verzögert, die zwischen 1904 und 1905 während des russisch-japanischen Krieges noch zunahmen. Die Maschinenfabrik von Ludwig Nobel verwandelte sich in ein Zentrum des Arbeiteraufstandes und führte zu einer verminderten Produktion. Die Maschinenfabrik feierte 1912 ihr 50-jähriges Jubiläum und wurde in eine Aktiengesellschaft mit Emanuel Nobel und seinen Brüdern als Hauptaktionäre umgewandelt. Im selben Jahr endeten die russischen Patentrechte vom Dieselmotor.

 

 

 

 

 

 

 

Bild 10: Die Motoren der Vandal kamen aus Schweden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

A.B. Diesels Motorer in Schweden

Marcus Wallenberg (1864–1943) gründete im Frühjahr 1898 die Firma Aktiebolaget Diesels Motorer als Aktiengesellschaft mit Sitz in Sickla vor den Toren Stockholms. Das Kapital betrug 300.000 Kronen in 300 Anteilen. Davon zeichnete Wallenberg, Diesel und Lamm je 50, Auguste Pellerin 40 und 10 Anteile wurden in 110 Teile gestückelt [3]. John Schmidt leitete die Fabrik bis 1903. Der Chefingenieur Henning Hallencreutz absolvierte bei der Maschinenfabrik Augsburg ein gründliches, fast zweijähriges Praktikum und begann im Frühjahr 1900 seine Tätigkeit in Sickla. In diesem Jahr begann auch Knut Jonas Elias Hesselman (1877-1957) seine Karriere in dieser Firma. Er hatte nach einer zweijährigen Lehre an der Königlich Technischen Universität in Stockholm studiert. Sechs Jahre später löste er Hallencreutz als Konstruktionschef ab und trieb die Entwicklung mit seinen genialen Ideen voran.

 

 

 

 

 

 

 

Diesel lieferte 1898 die vereinbarten Konstruktionszeichnungen für einen erheblich überarbeiteten und verbesserten 20-PS-Motor, der zunächst unter Oskar Lamm bei A.B. Atlas gebaut wurde. Unstimmigkeiten in der Zeichnung unterbrachen die Arbeiten, die mit Hilfe der „Allgemeinen Gesellschaft für Dieselmotoren“ beseitigt wurden. Die Augsburger Gesellschaft sandte im März 1899 dafür den Service-Ingenieur Ludwig Noé (1871-1949), später Generaldirektor der Danziger Werft, nach Schweden, der die Probleme in den folgenden drei Monaten löste. In dieser Zeit wurde der Motorenbau von Atlas zu Diesels Motorer in Sickla verlagert; 1899 konnte der erste A 20-Dieselmotor (250/400 mm) erfolgreich in Betrieb genommen werden. In der Folgezeit von 1899-1902 wurden insgesamt zwölf Dieselmotoren abgeliefert [3], darunter sechs A 20-Einzylinder- und vier A 50-Zweizylindermotoren (275/420 mm), siehe Bild 6.

Die Explosion eines A 20-Motors in einer Kerzenfabrik und auch der hohe Preis des A 20-Motors von rund 10.000 Kronen und 25.000 Kronen für den A 50-Motor führte zum Umdenken und zu einer drastischen Neukonstruktion. Verbesserungen der Kraftstoffeinspritzung, an dem Verbrennungssystem und andere konstruktiven Details führten zur Vereinfachung des Motors und reduzierten das Gewicht um fast ein Drittel.

Bild 11: Tanker Vandal

 

Der Tanker Vandal, 1903

Karl Wilhelm Hagelin (1860-1954, Bild 7) wurde in Russland geboren, wo der Vater als Zweiter Ingenieur auf Wolgaschiffen arbeitete. Er hatte schwedische Eltern und arbeitete nach seiner Schulzeit als Schiffbauer bei einer Reederei in Astrachan. Hagelin kam 1879 nach Baku und begann als Mechaniker bei Branobel. Er machte schnell Kariere. 1891 wurde er zum Technischen Leiter in Baku befördert und 1900 wurde er Präsident des Verwaltungsrates. Als Schiffbauer verfolgte er die Idee von Emanuel Nobel, den wirtschaftlichen Dieselmotor in den firmeneigenen Tankern für den Transport der Erdölprodukte auf den russischen Flusssystemen einzusetzen. Dagegen sprach bisher jedoch die fehlende Umsteuerung der Motoren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12: Carl-Wilhelm Hagelin

 

 

 

Hagelin suchte eine elektrische Lösung und sprach 1901 darüber mit dem Ingenieur Ludwig Borggren, der bei ASEA in Västerås angestellt war. Ludwig Borggren kam am 1. Januar 1902 nach St. Petersburg, und sie entwarfen eine elektrische Koppelung zwischen dem Dieselmotor und Propeller. Daraus entstand die erste dieselelektrische Fahranlage. Die dafür notwendigen drei Generatoren mit 90 kW Nennleistung bei 250 U/min und 500 V Gleichstrom sowie die drei elektrischen Propellermotoren mit 100 PS bei 300 U/min wurden bei ASEA bestellt.

 

Da die Entwicklung der Dieselmotoren von A.B. Motorer (Bild 6) schon weiter fortgeschritten war als die St. Petersburger Motoren, wurden die Dieselmotoren in Sickla bestellt. Das spezifische Gewicht betrug für diese 120-PS Motoren vom Typ K 3 III nur noch 126 kg/PS, siehe obige Tabelle 1. Sie erreichten St. Petersburg im Januar 1903.

 

 

 

Bild 12: Zeichnung der Vandal Bildquelle: [3]

 

 

 

 

 

 

Gemeinsam mit dem schwedischen Schiffskonstrukteur Johny Johnson wurde der Flusstanker Vandal (Bilder 8 und 9) entworfen. Er war rund 75 Meter lang, 9,50 Meter breit, hatte bei einem Tiefgang von 2,4 Meter eine Tragfähigkeit von rund 800 Tonnen und sollte eine Geschwindigkeit von 13 km/h erreichen. Die Vandal wurde 1902 auf der Wolgawerft Krasnoje Sormowo in Nischni Nowgorod (von 1932 bis 1990 Gorki) auf Stapel gelegt. Hier entstand der Kasko, also der eiserne Rumpf, der nach St. Petersburg geschleppt wurde.

 

Dort erfolgte der Einbau der technischen Einrichtungen in den Maschinenraum, der in der Mitte des Schiffes zwischen den vorderen und hinteren Öltanks angeordnet war. Die Fahranlage bestand aus den Hauptdieseln mit Generatoren, den Schaltanlagen sowie der Verkabelung. Die Fahrmotoren zum Propellerantrieb kamen in den hinteren kleineren Maschinenraum. Weiterhin wurden in St. Petersburg die Ballast- und Lenzpumpen sowie die Pumpensysteme für die Ölladung installiert. Im Frühjahr 1903 erfolgten die Erprobungen, die Drehzahlumkehr der Propeller erfolgte in 10 bis 12 Sekunden [3]. Auf der Jungfernfahrt wurde die Vandal durch einen Schiffsunfall beschädigt; nach der Reparatur transportierte sie weitere zehn Jahre Öl- und Ölprodukte für Branobel.

Flusstanker Vandal, 1903, mit schwedischen Dieselmotoren

 

Die Sarmat, die kurz nach der Vandal auf der gleichen Werft gebaut wurde, erhielt zwei Vierzylinder- Hauptmotoren (320 x 420 mm) der E-Serie mit 180 PS Nennleistung bei 260 U/min, die von der Nobel-Fabrik in St. Petersburg kamen.

Bei diesem Flusstanker war der Hauptmaschinenraum hinten angeordnet und die Antriebsanlage arbeitete nach einem abgewandelten System des italienischen Ingenieurs Del Proposto [3, 5].

 

Literatur:

 

[1] Ackermann, G. und Hochhaus, K.-H.: Hilfsmaschinen – Elektrische Energieversorgung, in Dampfer, Diesel und Turbinen S. 353 – 362, ISBN 3934613853

[2] Kretschner, W.: Ausgedampft – Der Anfang vom Ende der Dampfschiffe. In http://www.changeX.de

[3] Cummins, L.: Diesels Engine from Conception to 1918. 1993 Carnot Press, Wilsonville, ISBN 917308034

[4] Reuss, H.-J.: Der Dieselmotor als Schiffsantrieb, 2011 Koehlers Verlagsgesellschaft, 3782209974

[5] Schulthes, K.: Elektrisch angetriebene Propeller. In Jahrbuch der STG, Band 9, 1903

 

Dieser Beitrag wurde am 28. Dezember 2017 auf

© www.dieselmotoren-historik.com online gestellt.