Air Products liefert zukünftigen Treibstoff Ammoniak aus NEOM in Saudi-Arabien
Die weltweit größte kommerzielle Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff und Ammoniak wird zur Zeit in Saudi-Arabiern errichtet und wird 2026 in Betrieb gehen.
Bild oben: Klaus Kleinfeld und Kronprinz Mohammed bin Salman (Quelle Arab News)
1. Saudi Vision 2030
Die Regierung von Saudi Arabien führt mit Beteiligung ihres Public Investment Fund den Entwicklungsplan Saudi Vision 2030 durch. Die Vision 2030 ist eine bedeutende Zielvorgabe Saudi-Arabiens für die wirtschaftliche Entwicklung weg vom Öl hin zu erneuerbaren Energien, der gesellschaftlichen Weiterentwicklung sowie auch zur Förderung des Tourismus.
Während das Energieministerium für 30 % des Energieausbaus verantwortlich ist, übernimmt der Public Investment Fund (PIF) 70 % der Projekte zur
Entwicklung erneuerbarer Energien. Der PIF mit seinem Hauptsitz in Riad hat ein geschätztes Gesamtvermögen von 925
Milliarden US-Dollar (2024). Der aktuelle Vorsitzende ist der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (s.
a. folgendes Bild, Quelle)
2. Neom
„Klaus Kleinfeld hatte im Juni 2017 mit der Gründung von Neom begonnen, den Grundstein zu legen. Er baute ein Team von Weltklasse-Projektleuten auf und entwickelte – zusammen mit dem Gründungsgremium von Neom - die Strategie, das Gesicht und das zukünftige Erscheinen von Neom“, hieß es in der Erklärung des Königreiches von Saudi Arabien. Im August 2018 wurde er zu dessen Verwaltungsratschef errnannt und ab 1. August 2018 wurde er zum persönlichen Berater von Kronprinz Mohammed bin Salman berufen und Nadhmi Al-Nasr übernahm am selben Tag das Ruder von Neom.
Neom, für deren Entwicklung und Umsetzung 500 Milliarden US-Dollar aufgebracht werden sollen, befindet sich zu 100 % im Besitz des Staatsfonds PIF. Es ist ein von der Regierung Saudi Arabiens projektierte im Bau befindliches riesiges Siedlungsprojekt auf einer Fläche von 26.500 km². Es befindet sich im Nordwesten des Landes unweit des Golfs von Akaba an der Küste des Roten Meeres. Es gilt als ein wesentlicher Teil des Projekts Saudi Vision 2030 und umfasste ursprünglich vier räumlich getrennte Bauprojekte. Zum einem die visionäre als 170 km lange extrem schmale und hohe Stadt "The Line", den schwimmenden Industriekomplex „Oxagon“ mit Wasserstoffkomplex am Roten Meer verbunden mit dem Seehafen Port of Neom und das Ferienresort „Sindalah“ auf einer Insel im Meer sowie das Skigebiet „Trojena“ in den Bergen.
Neom hat sich zum Ziel gesetzt, alle Bewohner und Industrien in
seinem Projekt mit 100 Prozent erneuerbarer Energie zu versorgen, wofür derzeit ein komplett neuer Energiestandort mit 4 GW Nennleistung designt und gebaut wird. Weniger
als 50% davon dient zur Wasserstoff- und Ammoniakproduktion, der Rest soll die anderen Projekte mit grünem Strom versorgen. Dazu hat Neom 2022 sein Tochterunternehmen Enowa
gegründet, das die Energie- und Wasserversorgung von Neom übernimmt und von Peter Terium geleitet wird.
Die nachhaltigen Stromerzeugung bestehend aus der Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 2,2 Gigawatt, dem Windpark mit einer Nennleistung von 1,7Gigawatt und ein 400 MWh Batterspeicher speisen das Stromnetz von Neom und die Elektrolyseanlage. Letztere wird jährlich rund 240.000 Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen, der auch zur Produktion von 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak dient.
Folgendes Bild: Schematische Darstellung der grünen Stromerzeugung, Elektrolyse-Anlagen zur Wasserstoffherstellung und zur Ammoniak-Synthese (Quelle Air Products)
3. NEOM Green Hydrogen Company (NGHC)
NGHC ist eine Gründung von NEOM, ACWA Power sowie Air Products und führt die globale Energiewende von Saudi-Arabien durch.
David R. Edmondson kommt von Air Products und hat seit seinem Eintritt bei NGHC die Entwicklung in Zusammenarbeit mit NGHC-Aktionären geleitet, was letztendlich zur Gründung des Unternehmens führte. Im Juli 2021 übernahm Edmondson die Position des CEO und war für die Überwachung der Projektfinanzierung und des anfänglichen Unternehmensausbaus verantwortlich. Edmondson war maßgeblich an der Entwicklung der Humankapitalkapazitäten im Einklang mit Saudi Vision 2030 beteiligt und leitete gleichzeitig den erfolgreichen Abschluss aller Projektvereinbarungen. David Edmondson wird zu Air Products zurückkehren und von Wesam Y. Alghamdi abgelöst.
3.1 Anlage zur Produktion von Wasserstoff und Ammoniak
NGHC ist dabei, die weltweit größte kommerzielle Anlage zur Produktion von
Wasserstoff und Ammoniak zu errichten (siehe Bild der Baustelle (2024)), die vollständig
mit erneuerbarer Energie betrieben wird. 20 Prozent des Wasserstoff-Projektes werden durch Eigenkapital finanziert, der
Rest durch Kredite.
Baustelle des NEOM Wasserstoff-Ammoniak-Koplexes mit den riesigen Ammoniaktanks (rechts Mitte) und neuem Schiffsanleger (Quelle NEOM)
Dazu erfolgt der Bau der nachhaltigen Stromversorgung, bestehend aus der Photovoltaikanlage mit einer
Nennleistung von 2,2 Gigawatt, eines Windparks mit einer Nennleistung von 1,7 MW und eines Batteriespeichersystems mit einer Kapazität von 400
Megawattstunden jährlich rund 240.000 Tonnen grünen Wasserstoff aus einer Elektrolyse-Anlagen soll zur Synthese von 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak
dienen.
Am 29. März 2022 erfolgte die Grundsteinlegung dieses
Wasserstoff-Projektes mit Ammoniak-Synthese, für deren Bau 5 Milliarden
US-Dollar veranschlagt waren. Die Kosten sind bis 2024 um 70 Prozent gestiegen, hat der Mitentwickler des Projekts, Air
Products, mitgeteilt. Damit betragen die vorausichtlichen Kosten jetzt 8,5 Milliarden US-Dollar.
Es wird nach Plänen der Firma Air Products gebaut, nach Fertigstellung von NGHC betrieben und das Ammoniak wird von Air Products weltweit vermarktet. Auch da sich bereits jetzt in der globalen Schifffahrt eine Nachfrage aufbaut,
weil ab 2025 voraussictlich die ersten Schiffe mit Ammoniak als Brennstoff in Fahrt kommen
werden.
Zur Produktion des Wasserstoffs aus grünem Strom der
Solarfarm und des Wind Gardens (s. folgendes Bild) liefert die ThyssenKrupp-Tochter Nucera die Elektrolyse-Anlagen, den Auftrag erteilte NGHC im August
2021. Der dänische Chemieanlagenbauer Haldor
Topsoe wurde im Dezember 2022 mit der Lieferung der Anlagen zur Ammoniak-Synthese beauftragt.
Obiges Bild: Stromversorgung für die grüne Wasserstoff- und Ammoniakanlage bestehend aus der Photovoltaikanlage (Solar Farm) mit einer Leistung von 2,2 Gigawatt, dem Windparks (Wind Garden) mit einer Leistung von 1,65 Gigawattund den verbindenden Stromleitungen zu den Elektrolyseuren (Quelle NEOM).
3.2 Enowa
ENOWA, die Tochtergesellschaft von Neom, vertritt Neom als Hauptaktionär und wird die Energieanlagen incl. Wasserstoff- und Ammoniaksynthese sowie
Wasserversorgung nach Fertigstellung betreiben.
Peter Terium ist CEO
von Enowa und leitet den Energie– , Wasser– und Lebensmittelsektor von Neom sowie die Produktion und Optimierung von grünem Wasserstoff. Dazu wurde u. a. ein Wasserstoff-Innovations- und
Entwicklungszentrums (HIDC) gegründet. Wasserstoff und grünes Ammoniak werden zu einer der Kernaktivitäten des Energiesektors von Neom. Davor war Terium 15 Jahre in führender Position in der Energiebranche: u. a. CEO von Innogy von 2016-2017 und von 2012-2016 Vorstandsvorsitzender der RWE.
Peter Terium CEO von Enowa
Der erste 20 MW-Elektrolyseur mit einer Kapazität von bis zu acht Tonnen Wasserstoff pro Tag der ThyssenKrupp-Tochter Nucera ist im Hydrogen Innovation Development Center von Enowa im August 2024 in Betrieb gegangen. Das HIDC ist ein Testgelände für neue Technologien der grünen Energiebranche und Forschungseinrichtungen, die sich auf Wasserstoff und die zirkuläre Kohlenstoffwirtschaft konzentrieren. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wird das HIDC in Partnerschaft mit Saudi Aramco daran arbeiten, dekarbonisierte und saubere synthetische Kraftstoffe zu produzieren und einzuführen.
NGHC wird die Betriebsdaten im Rahmen seiner Forschung und Entwicklung sowie zur Optimierung der Elektrolyseur-Technologie und auch zum Training des Personals nutzen.
Der indische Projektentwickler Lasen & Toubro erhielt im Dezember 2022 den Auftrag für die
Planung, die Beschaffung und den Bau der nachhaltigen Stromversorgung. Sie besteht aus der Photovoltaikanlage (Solar Farm auf 66 qkm) mit einer Leistung von 2,2 Gigawatt, einem Windpark
(Wind Garden) mit einer Leistung von 1,7 Gigawatt und einem Batteriespeichersystems mit einer Kapazität von 400 MWh.
Jinko Solar, ein Solar- und Energiespeicherunternehmen mit Sitz in China, gab bekannt, dass es den Auftrag vom indischen Ingenieur- und Baugiganten Larsen & Toubro (L&T) erhalten hat. Dieser Auftrag umfasst die Lieferung von 1 GW ihrer Solar-PV-Module für das Green Hydrogen Project NEOM.
Envision Energy gab im Juni 2023 bekannt, dass es einen
Vertrag zur Lieferung von 1,67 GW Windturbinen für die NEOM Green Hydrogen Company unterzeichnet hat. Im Rahmen des Vertrags werden hochmoderne 6,5-MW-Windturbinen von Envision
installiert, die voraussichtlich bis 2026 voll betriebsbereit sein werden. Die obigen Bilder zeigen die Anlieferung der ersten dieser Windturbinen im Port of Neom.
Während des ersten Gipfeltreffens zwischen China und Saudi Arabien im Dezember 2022 unterzeichnete der chinesische Wechselrichter Hersteller Sungrow auch einen Liefervertrag für einen riesigen Batteriespeicher für Neoms neues „Smart City“-Megaprojekt Oxagon. Dabei geht es um die Lieferung einer riesigen Anlage mit 400 MWh.
Obiges Bild: Entladen der Windkraftanlagen im Hafen von Duba (Quelle Hydrogen Insight)
Die ersten Windturbinen vom chinesischen Hersteller Envision Energy wurden im Oktober 2023 in den Hafen von Duba, der in „Port of NEOM“ umbenannt wurde, geliefert.
Bild: Die roten Kreise stellen die Standorte der Windanlagen dar (Quelle NEOM)
Kuehne+Nagel hat von Envision Energy einen Auftrag zum Transport von 190 Windturbinengeneratoren und 67 Turmsätzen in die neue Sonderwirtschaftszone Saudi Arabiens, NEOM erhalten. Dieses Projekt umfasst den Spezialtransport von 1,4 Millionen Frachttonnen Windenergieanlagen. Die Turbinen werden vom Neom-Pier im Port of Neom gelöscht und auf dem Landweg zum Wind Garden-Gelände in der Nähe des Golfs von Akaba im Nordwesten des Landes transportiert. In der Stadt Tabuk in Saudi-Arabien wurde ein eigenes Kuehne+Nagel-Büro eingerichtet, um die Teams im Hafen und auf dem Windparkgelände zu koordinieren. Sobald sie im Wind Garden von NGHC in Betrieb sind, werden sie das grüne Wasserstoffkraftwerk über das eigene 190 km langes Stromnetz direkt mit Strom versorgen.
Folgendes Bild: Landtransport der Flügel vom Hafen zum Wind Garden (Quelle Neom)
Die riesigen Ammoniak-Tanks mit jeweils rund 180.000 cbm in Neom werden vom deutschen Unternehmen SPG Steiner gebaut. Die Lagertanks haben jeweils eine Höhe von 40 Metern und einen Durchmesser von 76 Metern und sind auf dem folgenden Bild (Mitte unten) deutlich zu erkennen.
Aus dem grünen Strom von maximal 4 GW (fast die Hälfte der Nennleistung der deutschen Offshore Windparks im Jahr 2024) wird weniger als die Hälfte benötigt, um jährlich rund 240.000 Tonnen grünen Wasserstoff zu erzeugen, der zur Produktion von 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak dient. Nach der Inbetriebnahme wird die NEOM Green Hydrogen Company Eigentümer und Betreiber der Anlage sein.
Das Ammoniak soll per Schiff ausschließlich von Air Products auf die globalen Märkte exportiert werden, auch nach Deutschland. Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck und Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher hatten 2022 den Bau eines Importterminals in Hamburg angekündigt.
Ammoniak ist leichter zu verflüssigen als Wasserstoff, da sein Siedepunkt unter
atmosphärischem Druck bei -33 °C liegt und enthält etwa 1,7-mal mehr
Wasserstoff pro Kubikmeter als flüssiger Wasserstoff. Damit ergeben sich im Vergleich zu Wasserstoff geringere energetischen Aufwendungen beim Transport. Nachdem der
Wasserstoff in Form von Ammoniak transportiert wurde (z. B. per Seeschiff), kann dieser in Ammoniak Cracker auch wieder in reinen
Wasserstoff umgewandelt werden.
4. Oxagon
Der Hafen von Duba wurde 2023 in "Port of Neom" umbenannt, wird von Oxagon
umgeben und liegt am Roten Meer in der Nähe des Suezkanals. Etwa 13 Prozent des weltweiten Handels passieren auf dem Weg zum
Suezkanal das Rote Meer und der Port of Neon und Oxagon sollen in ein technologisch fortschrittlichen Logistikknotenpunkt ausgebaut werden, mit hochmoderner integrierter Hafeninfrastruktur.
Oxagon als Wohn- und Industriestadt soll Katalysator für Wirtschaftswachstum und Diversität in NEOM und Saudi-Arabien sein sowie die Ambitionen im Rahmen der Vision 2030 erfüllen. Es wird zum regionalen Handel und Gewerbe Saudi-Arabiens beitragen und die Schaffung eines neuen Brennpunkts für globale Handelsströme unterstützen. Der Industriebereich werden vereinheitlicht und sollen ein hohes Produktivitätsniveau ohne Kohlenstoffemissionen bieten. Damit werden Maßstäbe bei der Einführung von Technologie und ökologischer Nachhaltigkeit gesetzt, denn die Nullenergie-Stadt wird zu 100 Prozent mit nachhaltiger Energie versorgt.
Sieben Sektoren bilden den Kern der industriellen Entwicklung von Oxagon, wobei Innovation und neue Technologien eine wichtige Grundlage für diese Branchen bilden:
nachhaltige Energie, autonome Mobilität, Wasserinnovation, nachhaltige Lebensmittelproduktion, Gesundheit und Wohlbefinden, Technologie und digitale Fertigung sowie moderne
Baumethoden.
Einem früheren Bericht des MEED zufolge wurde dem in den USA ansässigen Unternehmen Parsons die Aufgabe des Projektmanagementberaters für Oxagon übertragen.
Die Anlagen für den außerhalb des Oktagons liegenden Industriekomplex umfassen eine Meerwasserentsalzungsanlage, riesige Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion mit nachgeschalteter Ammoniak-Synthese und ein ozeanographisches Forschungszentrum.
5. Zusammenfassung
Die Regierung von Saudi Arabien führt mit Beteiligung ihres Public Investment Fund (PIF) den Entwicklungsplan Saudi Vision 2030 durch, um weg vom Öl hin zu erneuerbaren Energien zu gelangen. Der Weg dahin führt über Neom, ein riesiges nachhaltiges Siedlungsprojekt auf einer Fläche von 26.500 km², für deren Entwicklung PIF 500 Milliarden US-Dollar aufbringt.
Zur
Realisierung der Energieinfrastruktur wurde die Gesellschaft NEOM Green Hydrogen Company (NGHC) von
NEOM, ACWA Power sowie Air Products gegründet. Die nachhaltige Stromerzeugung für dieses
Projekt erfolgt mit einer riesigen Photovoltaikanlage (2,2 GW) und einem gigantischen Windpark (1,7
GW). Ein Teil des damit produzierten Stromes erzeugt in einem
Elektrolyseur jährlich rund 240.000 Tonnen grünen Wasserstoff und in einer nachgeschalteten Anlage rund 1,2 Millionen t Ammoniak.
Der am Roten Meer gelegene Hafen von Duba wurde 2023 in Port of Neom umbenannt, wird seitdem zum wichtigen Seehafen umgebaut und umgestaltet. Der dabei z. Zt. entstehende Gesamtkomplex aus teilweise schwimmenden Industrieanlagen, dem Hafen und der Stadt von insgesamt etwa 200–250 Quadratkilometern in Form eines Achtecks heißt jetzt Oxagon. Hier befinden sich derzeit u. a. ein ozeanographisches Forschungszentrum, eine riesige Entsalzungsanlage, Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion mit nachgeschalteter Ammoniak-Synthese im Bau.