Abbildung 1: Offshore-Windenergie, das Errichterschiff Innovation lädt in Bremerhaven Komponenten für Offshore-Windkraftwerke (Foto Dr. Hochhaus)
Husum Wind Messe 2019, schwierigen Bedingungen im Kernmarkt
Karl-Heinz Hochhaus
Abbildung 2: Husum Windmesse 2019 (Foto Dr. Hochhaus
1. Einführung
In Husum wurde von Schleswig Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther am Dienstag den 10. September 2019 die diesjährige Messe Husum Wind eröffnet. Sie spiegelt seit 30 Jahren die Entwicklungen zur Stromerzeugung durch die deutsche On- und Offshore-Windenergie (Abb. 1). Seit 2014 findet die die Windmesse abwechselnd in Hamburg und Husum statt, in Husum in den ungeraden und in Hamburg in den geraden Jahren.
Die diesjährige Husum Wind stand unter der Schirmherrschaft von Peter Altmeier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie [1]. Die Schwerpunkte dieser Messe lagen auf den landseitigen Windkraftanlagen. Der Offshorebereich war deutlich unterrepräsentiert, obwohl hier im Gegensatz zu den Landanlagen ausreichend Platz vorhanden ist.
An den vier Messetagen stellten fast 600 Firmen aus dem In- und Ausland windtechnische Innovationen und systemtechnische Lösungen rund um die Windkraft vor. Das Zukunftsthema der erneuerbarer Energie wurde im Bereich der Erzeugung, Speicherung und Nutzung präsentiert. Schleswig Holstein sieht die regenerativen Energien als Chance für das Land, die Wirtschaft und die Menschen und die Messe stand unter dem Motto „Wir denken Wind weiter“.
Wirklich weitergedacht wäre die überschlägige Betrachtung der für Deutschland geplanten Mobilitätsumstellung. Sollten wirkliche alle 46,5 Mio. Autos und rund 10 Mio. LKW`s zukünftig mit Akkuantrieb fahren, dann würden dafür rund 200 TWh benötigt. Der gesamte Stromverbrauch in Deutschland betrug 2017 rund 500 TWh.
Abbildung 3: Ausbau der Offshore Windenergie, Neubau und Ersatz bis 2050 (Quelle Fraunhofer)
Aktuell müssen jedoch viele Windkraftanlage abgeschaltet werden, da die Netze überlastet sind. Zum Transport in den Süden, wo der Strom gebraucht wird, können die derzeitigen Netze den zur Verfügung stehenden Strom nicht aufnehmen. Bisher gibt es nur wenig Möglichkeiten zur Speicherung für Ökostrom. Vor diesem Hintergrund wurden auf der Messe auch Vorträge zum Thema Wasserstoff gehalten.
Leistung |
2018 |
2017 |
[MW] |
[MW] |
|
Welt |
26800 |
18800 |
Europa |
18500 |
15800 |
UK |
8180 |
6840 |
Deutschland |
6380 |
5350 |
Dänemark |
1330 |
1120 |
Niederlande |
1120 |
1 120 |
Nordamerika |
30 |
30 |
USA |
30 |
30 |
Südamerika |
0 |
0 |
Afrika |
0 |
0 |
Asien |
5000 |
3000 |
China |
4500 |
2800 |
Japan |
65 |
65 |
Australien |
0 |
0 |
Tabelle 1: Daten zur globalen Offshore Windkraft
Das Thema der erneuerbaren Energie war bis zur Messe 2019 in Deutschland durch einen energiepolitischen Stillstand der Bundesregierung und einen fehlenden realistischen Ausbaupfad bezüglich des 65% Ziel bis 2030 gezeichnet (Abb. 3). Zur Erreichung dieser Klimaschutzziele muss schnell gehandelt werden, um den EE-Ausbau wieder zu beschleunigen. Das besonders vor dem Hintergrund, das früh errichtete Anlagen ihr Lebensalter erreicht haben und bereits wieder abgebaut werden. Aufgrund der derzeit schwierigen Bedingungen im Kernmarkt war die Stimmung im Vergleich zu den Vorjahren eher gedrückt und der ursprüngliche Optimismus und die frühere durch die Bundespolitik kräftig unterstützte Aufbruchstimmung fehlte. Da sich die Windkraft in einer Talsohle befindet, bedeutet das schweren Zeiten für die Branche.
2. Windkraft, Daten und Fakten
2018 wurden weltweit rund 53 GW an neuer Windkraft-Leistung installiert und angeschlossen, China lag mit 21,2 GW vor Europa mit 9 GW und den USA mit 7,6 GW an der Spitze. Im Offshorebereich wurden knapp 5 GW neu installiert. Hier liegt Europa mit 2,2 GW vorne, gefolgt von China mit 1,8 GW. Der globale Gesamtbestand der auf See errichteten Windkraftanlagen erhöhte sich damit auf rund 27 GW (Tabelle1).
2.1 Ausbau Windkraft an Land
Dass die Windkraft sich in einer Talsohle befindet, zeigen auch die aktuellen Daten und Fakten:
- Der Zubau von Windenergieanlagen an Land lag im ersten Halbjahr 2019 in Deutschland mit 287 MW oder 86 Anlagen auf dem niedrigstem Stand seit Einführung des EEG
- Die Prognose für den Zubau 2019 in Deutschland wurde auf ca. 1.500 MW nach unten korrigiert.
Für die ersten sechs Monate 2019 ergibt sich ein Bruttozubau von 287 MW, ein Rückgang um 82 Prozent im Vergleich zum bereits schwachen Vorjahreszeitraum. Wird der Rückbau von Windenergieanlagen berücksichtigt, verbleibt ein Nettozubau von lediglich 231 MW bzw. 35 Offshore-Wind-Energie-Anlagen (WEA), deutlich weniger als die im EEG vorgesehene jährliche Ausbauleistung.
Abbildung 4: Leistung der deutschen Offshore Windparks 2019 (Daten aus [2])
2.2 Offshore-Ausbau im ersten Halbjahr 2019 bei 250 MW
Auch im Offshorebereich war das erste Halbjahr 2019 schwach, es wurden nur 42 Offshore-WEA mit einer Kapazität von 252 MW neu ans Netz angeschlossen. Aktuell befinden sich in Deutschland weitere vier Offshore-Windparks in der Nordsee mit einer Gesamtleistung von etwa 1.080 MW im Bau. Dabei handelt es sich um die Windparks Borkum II (200 MW), Deutsche Bucht (269 MW), Hohe See (497 MW) und Albatros (112 MW). Der Ausbau der Offshore-Windenergie bis 2020 ist bis zu der Kapazität von 7.700 MW möglich (Abb. 4). Dazu gehört der Offshore-Deckel, der bisher bis 2030 maximal 15 Gigawatt Offshore-Windkraft vorsieht. Es wird vor dem Hintergrund der zukünftigen nachhaltigen Wasserstoffgewinnung im Bundeswirtschaftsministerium jedoch diskutiert, das Ausbauziel auf 20 Gigawatt auszuweiten.
Der Windpark Merkur Offshore mit 396 MW ging 2019 ans Netz. Er befindet sich ca. 45 Kilometer nördlich der Insel Borkum bei Wassertiefen von etwa 27–33 Metern. Damit betrug die Gesamtleistung der in Deutschland in Betrieb befindlichen Offshore-Windkraftanlagen Ende des ersten Halbjahres 2019 etwa 6.650 MW.
Abbildung 5: Windpark Merkur Offshore Nördlich Borkum (Quelle Wikipedia Chumwa)
2.3 Windpark Merkur Offshore ging 2019 ans Netz
Der Bau des Windparks Merkur Offshore (Abb. 5), ehemals MEG 1, mit 66 Windkraftanlagen des Typs „GE Wind Energy Haliade 150-6MW“ mit einer Nennleistung von jeweils 6 MW begann im April 2017 [3]. Geplant wurde der Windpark von Windreich und DEME sowie Alsthom und wurde von General Electric (GE) ausgeführt. GE ist 2015 mit der Übernahme von Alstom in die Offshore-Branche eingestiegen und hat 2016 den ersten US-Offshore Windpark mit einer Leistung von 30 MW in der Nähe von Rhode Island, USA errichtet [4].
Die Gründung im Windpark Merkur Offshore [2] mit 66 Monopiles mit Durchmessern von rund 8 Metern, Längen bis zu 73 Metern und einem Gesamtgewicht von ca. 970 t erfolgte anfangs mit dem Errichterschiff Innovation (Abb. 1 und 6). Sie wurde ab November 2017 von der Challenger von A2SEA (Abb. 7) abgelöst, die die restlichen Arbeiten ausführte. Der von den WKA´s produzierte Strom wird über Seekabel zur parkinternen Umspannplattform geleitet und in eine höhere Spannung transformiert. Von hier wird der Drehstrom zur Wandlung in Gleichstrom zur Hochspannungs-Gleichspannungs-Übertragungs (HGÜ)-Konverterplattform „DolWin gamma“ geführt, die auch über einen Landeplatz für Helikopter und Anlegeplatz für Versorgungsschiffe verfügt. Von hier gelangt der Gleichstrom zur landseitigen Konverterstation im Umspannwerk Dörpen West, wo er wieder in Drehstrom gewandelt wird. Der Aufbau der gesamten Anlagen wurde Ende September 2018 abgeschlossen und der Park ging 2019 mit 396 MW Nennleistung ans Netz.
eils 6 MW begann im April 2017 [3]. Geplant wurde der Windpark von Windreich und DEME sowie Alsthom und wurde von General Electric (GE) ausgeführt. GE ist 2015 mit der Übernahme von Alstom in die Offshore-Branche eingestiegen und hat 2016 den ersten US-Offshore Windpark mit einer Leistung von 30 MW in der Nähe von Rhode Island, USA errichtet [4].
Abbildung 6: Die Innovation wird von vier Pods mit je 3.500 kW angetrieben (Foto Dr. Hochhaus)
3. Errichterschiff Innovation
Mit den Errichterschiffen entstand ein neuer anspruchsvoller Schiffstyp, der aus Hubinseln speziell für die Gründung und den Aufbau von Offshore-Windenergieanlagen entwickelt wurde. Die Hauptmerkmale dieser Spezialschiffe sind Antriebsanlagen zur dynamischen Positionierung (DP) und Hubvorrichtungen, um unabhängig vom Seegang zu arbeiten. Ein Schwerlastkran mit einer Lastaufnahme zwischen 500-1.500 Tonnen dient zur Montage der Gründungskörper, Turm und Windturbinen. Zur Aufnahme der Bauteile der Windanlagen sind Errichterschiffe mit großen Deckflächen, großen Aufbauten zur Unterbringung von Besatzung und Monteuren sowie eine Hubschrauber-Landeplattform ausgestattet. Errichterschiffe haben Hauptabmessungen von 130-200 Meter Länge und um 40 Meter Breite. Mit Hilfe der Hubeinrichtungen (Abb. 8) und Standbeinen werden die Schiffe auf 30 bis 60 Metern angehoben, um ungestört arbeiten zu können.
Die Innovation [5] mit einer Tragfähigkeit von 9.550 tdw bei einer Vermessung von 21.900 BRZ wurde auf der Crist-Werft gebaut, hat Einrichtungen für 100 Personen und ist für die Erweiterung auf 180 Personen vorbereitet. Sie erreicht eine Geschwindigkeit von 12 Knoten und kann in Wassertiefen bis zu 65 Meter arbeiten. Sie verfügt über eine Deckfläche von 3.400 Quadratmetern und hat eine Ladekapazität von rund 8.000 Tonnen.
Abbildung 7: Errichterschiff Challenger von A2SEA (Quelle Wikipedia Florian Koppe)
4. Wasserstoff
Die derzeit größte und modernste Elektrolyseanlage zur Erzeugung von „grünem“ – also CO2-freiem – Wasserstoff entsteht beim Stahlhersteller Voestalpine in Linz. In dem von der EU-geförderten 18-Millionen-Euro-Projekt H2Future wird die Stahlerzeugung mit Wasserstoff untersucht, denn Wasserstoff kann auch hier zur Dekarbonisierung beitragen. 1.200 Kubikmeter „grüner“ Wasserstoff soll pro Stunde bei der Siemens-Anlage aus der Anschlussleistung von sechs Megawatt bei dem Wirkungsgrad von 80 Prozent entstehen. Wasserstoff ist in der Stahlindustrie die einzige Alternative zur Vermeidung von CO2, das beim bisherigen Einsatz von Kohle und Koks entsteht. Deutlich aufwendiger ist die Abscheidung und Speicherung von CO2, in der Fachsprache als Carbon Capture and Storage (CCS) bezeichnet.
Die „Norddeutsche Wasserstoff-Strategie“ wird von den fünf norddeutschen Bundesländern geplant, um den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft zu realisieren. Damit sollen u. a, nicht genutzte oder besser gesagt, nicht erzeugter Strom der Offshore Windkraftanlagen Verwendung finden. Mit dem so produzierten Wasserstoff wird diese elektrische Energie speicherbar und kann später in der Industrie und im Mobilitätssektor sinnvoll als CO2-freie Energie genutzt werden. Die wirtschafts- und strukturpolitische Chance zum schnellen Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft soll umgehend ergriffen werden. Auch daher wurde die Bundesregierung aufgefordert, die Installationsziele für Offshore Windenergie bis 2030 zu erhöhen und die negativen Folgen der Installationslücke ab Herbst 2019 durch eine Sonderausschreibung abzumildern.
Die weltweit größte Anlage zur Wasserstoff-Produktion aus grünem Strom mit einer Leistung von 100 Megawatt soll im Hamburger Hafen entstehen Der Wirtschaftssenator will die notwendige Fläche bereitstellen und rechnet mit Fördermittel vom Bund und der EU, um die Kosten in dreistelliger Millionenhöhe für den Bau der Elektrolyse-Anlage zu schultern. Eine solche Anlage würde nach Angaben von Siemens ungefähr zwei Tonnen oder 22.000 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde produzieren. Mit dieser Stundenproduktion kann ein Lkw etwa 25.000 Kilometer fahren. Der Wasserstoff soll zur CO2-neutralen Kraftstoffproduktion (Methanol) zum Betanken von Lkw sowie im Hamburger öffentlichen Nahverkehr Verwendung finden, ebenso zum Bunkern von Schiffen. Die IMO hat vor dem Hintergrund des 2016 in Kraft getretenen Pariser Abkommen zum Klimawandel beschlossen, den CO2-Ausstoß der globalen Schifffahrt bis 2050 bezogen auf das Jahr 2008 um mindestens 50 Prozent zu reduzieren.
Es sind unterschiedliche Maßnahmen und Wege denkbar, um dieses Ziel zu erreichen. Die Viertaktmotoren der weltweit zweitgrößten RoPax-Fähre Stena Germanica werden z. B. mit dem Kraftstoff Methanol betrieben. Die Innogy ist das erste Schiff, das mit aus Wasserkraft entstandenen CO2-neutralem Kraftstoff Methanol fährt. Zur Stromerzeugung dienen 5 Brennstoffzellen, ein vorgeschalteter Reformer wandelt Methanol in Wasserstoff [6].
Abbildung 8: Hubeinrichtung, 24 elektrisch angetriebene Zahnräder betätigen jedes der 4 Hubbeine der Innovation (Foto Dr. Hochhaus)
4. Literatur und weitere Informationen
[1] Husum Wind, die Messezeitung für die Husum Wind, 2019, 11. September; Sunmedia Verlag, Hannover
[2] https://www.offshore-windindustrie.de/windparks/weltweit
[3] Film über den Aufbau des Windparks Merkur Offshore: https://www.youtube.com/watch?v=5IbWNX5L3GU
[4] USA-Ostküste, Offshore Windenergie, 2018 Herausgeber German American Chamber of Commerce, Inc. (AHK USA-New York)