Lloyd Werft bewirbt sich um den Bau von Konverterplattformen
Beim Windkraftausbau auf See macht die Bundesregierung Tempo: Mit beschleunigten Genehmigungsprozessen will sie bewirken, dass 2045 in der Nord- und Ostsee so viele Windparks stehen und so viel grüner Strom produziert wird, dass Deutschland klimaneutral ist. Die Offshore-Leistung soll von derzeit acht auf 70 Gigawatt steigen.
Doch viele Aufträge für den Bau von Konverterplattform gehen ins Ausland, weil es hier in Deutschland kaum Produktionsstandorte gibt. Sogenannte Konverterplattformen etwa werden derzeit in Deutschland nicht gebaut. Sie werden in Spanien und in Asien produziert. In diese Lücke will jetzt ein Konsortium um die Lloyd-Werft aus Bremerhaven stoßen.
Windanlagen-Errichterschiffe zur Offshore- Stromerzeugung erhielten bei der Lloyd Werft Ihre Hubbeine (Quelle Wikipedia)
Die Bremerhavener Lloyd Werft plant, ab 2025 im Kaiserhafen Konverterstationen zu bauen. Diese Anlagen erfordern spezialisierte Schwerlastbereiche und angepasste Wassertiefen. Die Sanierung der Westkaje soll ermöglichen, dass Schiffe künftig besser manövrieren können. Der Senat rechnet nach eigenen Angaben mit rund 59,3 Millionen Euro Kosten. Das Projekt soll über ein Sondervermögen finanziert werden.
Die Westkaje im Kaiserhafen von Bremerhaven soll saniert werden. Darauf einigte sich der Senat, wie das Wirtschaftsressort mitteilte. Mit der Sanierung werden demnach die Voraussetzungen für den Bau von sogenannten Offshore-Konverterplattformen geschaffen. Diese Plattformen wandeln Strom aus den Offshore-Windparks für den Transport an Land um und spielen damit eine wichtige Rolle bei der Energiewende.
Das folgende Bild zeigt im Hintergrund die Lloyd Werft und davor das erste Stück der bereits sanierten Westkaje.
Konverterplattform
Ohne die Plattformen ist der Offshore-Ausbau in Deutschland nicht möglich. Die Plattform sorgt dafür, dass der Strom an Land gelangt, erklärt Peter Barth, Geschäftsführer von Amprion Offshore. Amprion ist einer von vier Betreibern des deutschen Höchstspannungsstromnetzes und somit auch für Konverterplattformen zuständig.
"Unsere Plattform ist eine Art Steckdose für die Windparks", sagt Barth. "Um den Strom der Windturbinen ans Land zu schicken, in die Ballungszentren, müssen wir den Strom von Wechselstrom auf Gleichstrom umformen.“ Dieses Umformen passiert in der Plattform. Gleichstrom kann mit weniger Verlusten transportiert werden, über hunderte Kilometer weit ins Land hinein, da, wo er verbraucht wird. An Land wird der Strom in einem weiteren Umspannwerk wieder in Wechselstrom umgewandelt, bevor er in den Haushalten aus der Steckdose kommt.
Die riesigen Konverterplattformen stehen weit draußen im Meer, auf einem Stahlgerüst, dessen Fundament bis zu 60 Meter tief in den Boden gerammt wird. Das Gerüst ragt über 20 Meter aus dem Wasser, damit die Wellen die Plattform nicht erfassen. Wie eine kastenförmige Halle sieht sie aus, darin ist die Technik. Die Halle hat eine Länge von etwa 70 Metern, eine Breite von rund 35 Metern und eine Höhe von etwa 30 Metern. Auf dem Dach ist ein Hubschrauberlandeplatz.
Konverterplattform
Quelle Buten un binnen
Die Bremerhavener Lloyd-Werft bewirbt sich als Konsortium, also im Verbund mit anderen Unternehmen. Die Energietechnik könnte etwa von Siemens Energy kommen. Der Bau soll auf dem Gelände der Werft in Bremerhaven stattfinden. Die Werft gehört zur Hälfte der Rönner-Gruppe aus Bremerhaven und zu jeweils 25 Prozent der Zech-Stiftung des Bauunternehmers Kurt Zech und der Lürssen-Werft aus Bremen. Die Kompetenzen der Gesellschaften sollen genutzt werden, so Thorsten Rönner, einer der beiden Geschäftsführer der Lloyd-Werft, zu buten un binnen.
Laut Bremer Wirtschaftsressort sei das technische und logistische Konzept des Konsortiums geprüft worden. Man sei überzeugt, dass das Konsortium den Bau realisieren kann, so ein Sprecher. Auch die IG Metall hält das Konzept für schlüssig. Technisch und personell habe die Lloyd-Werft schon öfter gezeigt, was möglich ist, so Gewerkschafterin Doreen Arnold.
Den Bau solcher Konverterplattformen beauftragen die Betreiber der Höchstspannungsstromnetze. Davon gibt es in Deutschland vier: Tennet, Amprion, 50 Hertz und Transnet BW.
Die folgende Tabelle zeigt die Übertragungsplattformen, die sich derzeit in Betrieb, im Bau und in Planung befinden. Laut Bundeswirtschaftsministerium werden allein für die deutschen Offshore-Windparks zwischen 2030 und 2045 voraussichtlich noch mehr als 20 Konverterplattformen benötigt, die noch an Firmen zu vergeben sind. Hinzu komme der Bedarf in Europa und global. Lloyd-Werft-Geschäftsführer Rönner sagt, dass es ein "Geschäft über die Jahrzehnte" werden könnte.
Folgendes Bild: Wikipedia (Weiter vergrößern):
Die meisten deutschen Offshore-Windparks in der Nordsee befinden sich in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), die eine Entfernung von mindestens zwölf Seemeilen von der Küste aus hat. Die Windparks bestehen aus 40 bis 120 Windenergieanlagen, bei älteren Windparks einem internen Kabelnetz im Windpark (33 kV) und einer Umspannplattform zur Spannungserhöhung auf 155 oder 220 kV.
Ab 2024 werden neue Windparks direkt mit der Konverterplattform angebunden (DolWin5 ist das erste Projekt). Durch das Direktanbindungskonzept entfallen die Umspannplattform sowie die 155 kV- oder 220 kV-Zwischenspannungs-ebene zwischen Umspann- und Konverter-plattform. Eine Anhebung der Spannungsebene beim Direktanbindungskonzept auf 132 kV soll für Anbindungssysteme mit Inbetriebnahme ab 2032 umgesetzt werden.
Aufgrund der großen Entfernungen zwischen den Windparks und dem Netzverknüpfungspunkt an Land werden zur verlustarmen Energieübertragung HGÜ-Anlagen (Offshore-Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) verwendet. Die HGÜ BorWin 1 war weltweit die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Verbindung zur Anbindung von Offshore-Bauwerken. Sie dient der Anbindung des ersten kommerziellen deutschen Offshore-Windparks „BARD Offshore 1“ an das deutsche Hochspannungsnetz und damit auch an das europäische Verbundnetz.
Die neuen ab 2029 aufgestellten Übertragungsplattformen werden mit 2000 MW etwa die doppelte Übertragungsleistung erhalten.
Quelle Wikipedia
Entwicklungsstatus der Windenergieleistung auf See mit Ausbauzielen bis 2030, 2035 und 2045
( Quelle Deutsche WindGuard)
Was kosten die Plattformen?
Eine einzige Plattform kostet laut Bremer Wirtschaftsressort rund zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro. "Um das mal zu vergleichen: Ein großes Kreuzfahrtschiff liegt zwischen 700 und 900 Millionen Euro", sagt Nils Schnorrenberger von der Wirtschaftsförderung BIS Bremerhaven. Mit Blick auf die Meyerwerft in Papenburg und ihre Zulieferer lasse sich ableiten, dass der Bau von Konverterplattformen eine Menge Beschäftigung für die Region bedeuten könnte.
Woran hängt das Projekt?
Einerseits ist auch der Standort Rostock-Warnemünde für den Bau der Plattformen im Gespräch, wie das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt. Unklar ist, ob beide Standorte zum Zuge kommen oder nur einer. Zweitens hängt es an der Finanzierung. Solche Milliarden-Aufträge über eine lange Bauzeit können Unternehmen kaum vorfinanzieren. Laut Bremer Wirtschaftsressort sind die Gespräche über Bürgschaften oder Garantien des Bundes aber angelaufen. "Bremen kann hier – wenn überhaupt – nur einen ergänzenden Beitrag leisten", so das Bremer Wirtschaftsressort. Über den Stand der Dinge wollte sich die Lloyd-Werft nicht äußern.
Quelle: buten un binnen
Status des Offshore-Windenergieausbaus in Deutschland – Erstes Halbjahr 2024
( Quelle Deutsche WindGuard)
Bisheriger Bau von Konverterplattformen in Deutschland
Zwischen 2010 und 2017 haben die Nordic Yards (Nachfolger der Werften in Wismar, Warnemünde und Stralsund) insgesamt vier Konverterplattformen für
Offshore-Windparks gebaut hat, davon drei für Siemens Energy und eine für Alstom Grid. Der damalige alleinige Eigentümer und Geschäftsführer von Nordic Yards, Witali Jussufow, hat die
Entscheidung gefällt, in das Offshore-Segment einzusteigen.
Rund 1.200 Mitarbeiter*innen haben damals überwiegend an den Standorten in Rostock und Wismar an den Konverterplattformen gearbeitet, deren Planung, Konstruktion und Fertigung die Werften über Jahre hinweg gut ausgelastet und den Fortbestand der Standorte über Jahre hinweg auch finanziell abgesichert hat. Damals gab es Planungen, zusätzlich auch noch in den Markt für den Bau der parkin-
ternen Umspannwerke einseigen.
Nach der Übernahme von Nordic Yards durch die inzwischen insolvente Genting-Gruppe erfolgte im Jahr 2016 allerdings eine erneute Fokussierung auf den
Schiffbau, genauer gesagt den Kreuzfahrtschiffbau. Seitdem werden in Deutschland keine Konverterplattformen mehr gefertigt.
Folgende Bilder: Das Innere der Konverterplattformen und Größenvergleich Brandenburger Tor und Dolwin Gamma