Nobel baut die ersten Öltanker

  

Einführung

Die industrielle Erdölförderung und -nutzung hat hat eine interessante Geschichte. Sie reicht in Deutschland bis ins Jahr 1858 zurück. Damals entdeckt der Geologe Konrad Hunäus auf der Suche nach Braunkohle in dem kleinen Dorf Wietze in der Südheide Ölspuren.

 

Robert Nobel,der Bruder von Alfred Nobel reiste im Auftrag der St. Petersburger Maschinenbaufabrik Ludvig Nobel  zum Holzkauf 1873 in den Kaukasus und und traf in Baku auf reiche Ölquellen. Er kauft eine Ölfirma und optimiert die Ölverarbeitung und den Öltransport. 1878 ließ Ludvig Nobel den ersten Tanker Zoroaster bauen, 25 Jahre später folgte mit der Vandal der erste Öltanker mit Diesel-Motorantrieb.

 

1846 wurde in Bibiheybat bei Baku mit einem primitiven Schlagbohrmechanismus ein 21 m tiefer Brunnen gebohrt und Öl gefunden. Mehr als ein Jahrzehnt später, am 27. August 1859, stieß „Colonel“ Edwin L. Drake zum ersten Mal auf amerikanischem Boden auf Öl. 

 

 

 

1912 in Wietze (Quelle Wikipedia)

 

USA

 

 Die vom New Yorker Rechtsanwalt George Bissell mitgegründete Pennsylvania Rock Oil Company beauftragte den pensionierten Eisenbahner Edwin Drake damit, nach Öl zu bohren – 1859 fand Drake in Titusville, Pennsylvania, eine ergiebige Ölquelle. Titusville erlebte den ersten Ölboom der amerikanischen Geschichte, Ende 1860 förderten hier bereits 75 Ölbrunnen.

 

Der junge Kaufmann John D. Rockefeller stieg in den Ölhandel ein – und wurde damit zum reichsten Mann der Welt. Rockefeller kümmerte sich vom Anbau von Eichen für das Holz der Ölfässer bis hin zu eigenen Lagerhäusern. 1870 gründete er die Standard Oil Company, die bald den größten Teil der amerikanischen Raffineriekapazität kontrollierte und auch in die Ölförderung einstieg.

 

 Standard Oil Refinery No. 1 in Cleveland, Ohio im Jahr 1889 (Quelle Wikipedia)

 

Rußland

 

1871 begann in Baku am Kaspischen Meer die dortige Ölförderung und -raffinierung, die von Ludwig und Robert Nobel  maßgeblich vorangetrieben wurde.  Branobel hieß ihre Gesellschaft und Ludvig Nobel revolutionierte das Transportgeschäft durch den Bau von Pipelines und Tankschiffen.

 

Beim Pipeline Bau wurden sie finanziell unterstützt von der Bankiersfamilie Rothschild aus Paris, die sich im Ölgeschäft engagierte. Auch finanzierte sie später eine Eisenbahnstrecke zum Schwarzen Meer , um den Zugang des Öls zu den westeuropäschen Märkten zu erschließen.

 

Branobels Ölbohrtürme bei Baku um 1890 (Quelle Wikipedia)

 

Nobelbrüder in Petersburg

Gemeinsam mit seinen Brüdern Robert (geb. 1829) und  Alfred Nobel (geb. 1833) absolvierte Ludvig Nobel (geb. 1831) eine technische Ausbildung in Russland. Hier arbeitete der Vater Immanuel Nobel seit 1837 in Petersburg im Unterwasser-Waffengeschäft für die russische Marine und betrieb ab 1839 als selbstständiger Ingenieur eine kleine Maschinenwerkstatt.  Sie wurde vergrößert und firmierte später als Gießerei und mechanische Werkstätten von Nobel und Söhne (Fonderies et Ateliers Mécaniques Nobel Fils). 1842 ließ der Vater seine Familie aus Schweden nachholen und die Söhne erhielten Unterricht von Privatlehrern. R ->13  L->12 A->9

 

Robert Nobel fuhr als Schiffsjunge auf Segelschiffen zwei Jahre zur See, bevor er in der Firma seines Vaters angestellt wurde. Praktische Erfahrungen im technischen und und geschäftlichen Bereichen erhielten Ludvig und Robert Nobel in den 1850er Jahren in der Fabrik des  Vaters zur Herstellung von Kriegsgütern wie Minen und Dampfmaschinen in Sankt Petersburg. Dort wurde Robert zu einem der engsten Mitarbeiter des Vaters. Insbesondere während des Krimkrieges von 1853 bis 1856, hier beteiligte er sich an der Verminung der Gewässer rund um Kronstadt und Suomenlinna.

 

Die Firma war wirtschaftlich sehr erfolgreich und beschäftigte über tausend Arbeiter. Nach der Beendigung des Krieges blieben die Aufträge aus und die Firma wurde 1859 liquidiert. Der Vater zog nach Schweden zurück und Ludvig Nobel eröffnete eine neue Firma, die Maschinenbaufabrik Ludvig Nobel. Dort stellte er Kanonen, Lafetten, Unterwasserminen und Artillerieraketen, Werkzeugmaschinen, Bohrmaschinen, Drehbänke, Dampfhämmer, hydraulische Pressen und Radachsen her. Er fertigte Kessel, Wasserleitungen, Heizkörper und Wasserhähne und baute 100.000 Vorderlader zu Hinterladern um. Zusammen mit dem russischen Generalmajor Peter A. Bilderling baute er in Ischewsk im Ural eine Fabrik auf, in der für das russische Kriegsministerium 200.000 als „Berdankas“ bekannte Kanonen hergestellt wurden.

 

Eine der frühen Nobel Raffinerien in Baku (Quelle: Robert W. Tolf)

Robert Nobel fährt nach Baku und kauft eine Ölfirma

 Die Maschinenbaufabrik Ludvig Nobel. erhielt 1873 von der russische Regierung einen großen Auftrag zur Herstellung von Gewehren. Ludvig schickte seinen Bruder Robert, der bei ihm arbeitete, mit 25000 Rubel in den Kaukasus, um  Walnussholz für die Gewehrproduktion zu beschaffen. In Baku erkannte Robert die Chancen des sich hier anbahnenden Erdöl-Booms, und gründete mit dem Geld eine Ölfirma. Es gab in Baku zu dieser Zeit über 20 Ölfirmen mit eigenen einfachen Raffinerien.

 

Es gab zu der Zeit eine Überproduktion und sowohl die Ölagerung in kleinen Seen als auch die Transportkapazitäten mit Pferdekarren waren völlig unzureichend. Nach umfangreichen Verhandlungen gelang es Robert im Jahr 1875, eine Destillationsfabrik von der Tiflis Company zu kaufen, und er konnte billiges hier als Naphta bezeichnetes Rohöl mit der damaligen Methode raffinieren. Die Destillation des gewonnenen Erdöls fand auf eine sehr einfache Weise statt. In offenen Kupferpfannen wurde das Erdöl zum Sieden gebracht. Die dabei entstehenden Dämpfe wurden durch ein Kühlrohrsystem geleitet, in dem sie kondensierten. Das dabei entstehende Kondensat Petroleum wurde zu Beleuchtungszwecken genutzt. Der im Kessel verbliebene als Masut bezeichnete teerartige Rückstand wurde als Abfall entsorgt.

 

Im Jahr 1879 verfügten die Raffinerien in Baku über acht einfachen Destillationsanlagen, vier größere Pfannen und zwei kleinere Dampfpfannen sowie Kühler für den heißen Masut, der nach dem Destillationsprozess in den Pfannen zurückblieb (Quelle Wikipedia)

Mit Unterstüzung von drei schwedischen Ingenieuren und Chmikern gelang es Robert, den gesamten Produktionsprozess  zu verbessern. Das begann bei der Lagerung des Rohöls, das bisher von der Quelle in offene Becken oder Seen floß. Stattdessen erfolgte die Zwischenlagerung jetzt in eisernen Tanks. Die Qualität der Destillate wurde durch vor- und zwischengeschaltete Reinigungsstufen optimiert, der Rückstand, das Masut wurde zum Heizen aufbereitet.

 

Als Ludwig Nobel im Frühjahr 1876 mit seinem ältesten Sohn Emanuel nach Baku kam, war er beeindruckt von dem, was Robert in seiner Raffinerie inzwischen erreicht hatte. Die Brüder entwarfen enthusiastisch einen Plan zur Organisation der gesamten Industrie, von der Ölquelle und Raffinerie bis zur Verteilung mit Tankern, Tankschiffen und Depots in ganz Russland und sicherten sich vom russischen Staat weitere Ausbeutungsrechte für Naphtha in den Gebieten am Kaspischen Meer.  Erst zwei Jahre später, nach dem Bau einer  Pipeline von der seinen Ölquellen nach Baku, begannen sie mit der Raffination Rohöls aus eigenen Quellen.

 

 

 

 

 

 

Landtransport von Öl in hölzernen Fässern mit einfachen
Karren – die Arbas

(Quelle Wikipedia)

 

 Zurück in Petersburg anlysierte Ludwig die Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz und zur Erweiterung von Roberts Ölfirma und untersuchte bessere Möglichkeiten zum Öltransport und -lagerung sowie die Nutzung von Pipelines und Pumpen. Ludwig informierte sich, welche Unterschiede es zwischen der Handhabung von Rohöl und von raffiniertem Destillaten gab. Was war der genaue Durchmesser und die Art der inzwischen in Pennsylvania verwendeten Pipeline, die Art der Verbindungsstücke und Pumpen, die Größe und Lage der Tanks und Eisenbehälter sowie die Dicke der Platten in den sogenannten Zisternenwagen der Eisenbahn. Er untersuchte die Methoden, die verwendet wurden, um Undichtigkeiten an den Verbindungen zu verhindern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Ölraffinerie in Aserbaidschan, August 1891.

 

Branobel wird gegründet und später von Ludvig übernommen

Nach seinem Besuch arbeiteten die beiden Brüder Robert und Ludvig Nobel gemeinsam an der Erweiterung und Rationalisierung des Betriebs. Im Jahr 1879 wurde eine Aktiengesellschaft zur Ölförderung namens Branobel mit einem Kapital von 3 Millionen Rubel gegründet, wovon 115.000 Rubel auf Alfred Nobel, 100.000 auf Robert, mehr als die Hälfte auf Ludvig und fast 1 Million auf Ludvigs Partner in Petersburg Baron Peter von Bilderling entfielen. Bilderling war Ingenieur und Offizier im Ingenieurkorps der kaiserlich-russischen Armee und Teilhaber einer Waffenfabrik, die von Ludvigs Fabrik mit Werkzeugmaschinen beliefert wurde.

 

Robert war gegen die Gründung der Branobel-Gesellschaft und fühlte sich von seinen Brüdern ausmanövriert. 1979 verließ Robert das Unternehmen auch aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes vorübergehend, 1880 endgültig. Robert kehrte nach Schweden zurück und kaufte ein Anwesen Getå in Bråviken, wo er bis zu seinem Tod seinen ständigen Wohnsitz hatte.

 

Ludvig leitete die Firma dann mit seinen Söhnen Emanuel und Carl.

 

 

 

Nobelpreis

Am 27. November 1895, ein Jahr vor seinem Tod, unterzeichnete Alfred Nobel das berühmte Testament, mit dem er einige der Ziele umsetzen sollte, denen er so viel Zeit seines Lebens gewidmet hatte. Nobel verfügte in seinem Testament, dass der Großteil seines Vermögens, mehr als 31 Millionen SEK (heute etwa 2,2 Milliarden SEK), in einen Fonds umgewandelt und in „sichere Wertpapiere“ investiert werden sollte.Die Erträge aus den Investitionen sollten „jährlich in Form von Preisen an diejenigen ausgeschüttet werden, die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben.“

 

Die Nobel-Stiftung ist eine private Institution, die 1900 auf der Grundlage des Testaments gegründet wurde. Die Anlagepolitik der Stiftung ist natürlich von größter Bedeutung für die Erhaltung und, wenn möglich, die Vermehrung der Mittel und damit des Preisgeldes. Gemäß den ursprünglichen Anlageregeln von 1901 wurde der Begriff „sichere Wertpapiere“ im Geiste der damaligen Zeit so interpretiert, dass er mündelsichere Anleihen oder durch solche Wertpapiere oder durch Hypotheken auf Immobilien besicherte Darlehen bezeichnete.

 

Angesichts der Veränderungen, die die beiden Weltkriege und ihre wirtschaftlichen und finanziellen Folgen mit sich brachten, musste der Begriff „sichere Wertpapiere“ im Lichte der vorherrschenden wirtschaftlichen Bedingungen und Tendenzen neu interpretiert werden. Auf Ersuchen des Stiftungsvorstands genehmigte die schwedische Regierung daher Anfang der 1950er Jahre Änderungen, wonach der Vorstand praktisch freie Hand erhielt, nicht nur in Immobilien, Obligationen und gesicherte Kredite, sondern auch in die meisten Arten von Aktien zu investieren.

 

Ab 1901, als die ersten Preise (jeweils 150.000 SEK) vergeben wurden, sanken die Preissummen stetig. Doch mit dieser Investitionsfreiheit und der 1946 gewährten, lange erkämpften Steuerbefreiung war es möglich, diesen Trend umzukehren und im Durchschnitt sogar mit der steigenden Inflation Schritt zu halten. Der reale Wert des Preisgeldes in schwedischen Kronen wurde schließlich im Jahr 1991 wiederhergestellt. Das Nobelpreisgeld für das Jahr 2024 ist auf 11,0 Millionen schwedische Kronen (SEK) pro vollem Nobelpreis festgelegt.

Rußland 1912, Erdöl-Tanks der Naphtagesellschaft Nobel Brothers Petroleum Producing Company

 

 

Transport des Öls

Ludvig konzentrierte sich zunächst auf den Transport des Öls von den eigenen Bohrlöchern zu der Raffinerie. Die Entfernung betrug etwa acht Meilen und das Gelände war nicht besonders schwierig, zumindest nicht für die handgetriebenen Karren – die Arbas – der Tataren. Diese zweirädrigen Gefährte hatten in der Mitte ein großes Fass aufgehängt und konnten zwischen sieben- und neunhundert Pfund Öl transportieren. Pferde oder Maultiere sorgten für die Zugkraft, und die Bezahlung war die Haupteinnahmequelle für Tausende von Tataren. Es war langsam, teuer und nicht immer zuverlässig; Hitze, Stürme und muslimische religiöse Bräuche unterbrachen den Ölfluss.

 

   Die Kosten schlugen sich im Preis des raffinierten Öls nieder, und um den Preis zu senken, müssten die Arbas weg. Informationen und Erfahrungen über erste Pipelines in Pennsylvania (1865 wurde eine fünf Meilen lange hölzerne Erdölpipeline nahe Titusville gebaut, die das gewonnene Erdöl zu einer nahe gelegenen Eisenbahnstrecke transportierten, sie wurde durch Brandstiftung sabotiert) brachten Ludwig zu dem Schluss, dass ähnliche Leitungen aus Eisen vom Ölfeld zur Raffinerie in Baku verwendet werden müssten.

 

 Aber es gab keine Pipelines in Russland und für viele Personen in Regierung und Industrie war die bloße Vorstellung, Öl über eine Distanz von 13, 8 oder 3 Kilometern – oder nur ein paar Fuß – durch Pipelines zu transportieren, ebenso mysteriös wie unpraktisch, vielleicht sogar gefährlich. Die Arbas hatten das Öl jahrelang transportiert; die Arbas sollten das Öl auch weiterhin transportieren. Auch die anderen Raffinerien in Baku waren zu Änderungen am Transportsystem nicht bereit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Transporte der Destillate an der Kremlmauer (Quelle: Robert W. Tolf )

 

Bau der Pipeline vom Ölfeld zur Raffinerie

Ludvig machte auf eigene Faust weiter. In Petersburg plante er die Route, entwarf die Pumpstationen, überwachte die Erstellung von Blaupausen für die technischen Geräte und schickte einen englischsprachigen russischen Ingenieur, Alexander Bary, nach Glasgow, um die erforderlichen Rohre zu bestellen – in Russland waren keine erhältlich.

 

In enger Absprache mit seiner technischen Abteilung erarbeitete Ludwig Liefer- und Installationspläne und übte auf die Regierung in Petersburg den größtmöglichen Druck aus, um den offiziellen Widerstand zu überwinden. Die Behörden von Baku wollten die Verlegung von Rohren über ihr Land nicht gestatten. Doch Ludwigs Druck und Entschlossenheit führten dazu, das das Handelsministerium seine Zustimmung gab.

 

Öltransporte zum Depot in St. Petersburg (Quelle: Robert W. Tolf )

Die erste Lieferung von Rohren traf 1877 ein. Sofort begannen die Arbeiten mit dem Ausheben des sechs Fuß tiefen Grabens. Eine von Nobel entworfene und gebaute 27-PS-Dampfpumpe erhöhte den Druck und förderte das Öl mit einer Geschwindigkeit von dreieinhalb Fuß pro Sekunde durch das fünf Zoll große Rohr. Kleinere Pumpen wurden an den verschiedenen Leitungen installiert, die von den Balakhany-Brunnen zur Hauptstation führten.

 

Die Arbeit wurde häufig durch protestierende Arba-Fahrer und durch die Böttcher, die ihre Fässer herstellten, unterbrochen. Acht Wachtürme wurden entlang der Leitung errichtet. Die 1865 errichtete erste Pipeline in Pithole, Pennsylvania, hatte eine ähnliche Reaktion der Fuhrleute hervorgerufen, und bewaffnete Wachen waren nötig, um Angriffe und Vandalismus abzuwehren. In Baku wurden bewaffnete Kosaken angeheuert, um die Türme zu besetzen und auf dem Gelände zu patrouillieren. Ihre Anwesenheit beendete den aggressiven Widerstand. Die Pipeline war sicher und die Gegend kehrte zu dem zurück, was in Baku als friedlicher Alltag galt.

 

Winter in Rybinsk aufgelegte Nobel Lastkähnen (Quelle: Robert W. Tolf )

Ludwig Nobels Pipeline vom Ölfeld zur Raffinerie, die 50.000 Dollar kostete, war damals eine Innovation für die russische Ölindustrie und ein Segen für das Unternehmen. Die Frachtkosten vom Feld zur Raffinerie wurden von 10 Kopeken pro Pud (1 Pud = 40 russische Pfund = 16,38 Kilogramm) auf eine halbe Kopeke gesenkt, und in den nächsten Jahren zahlten andere Raffinerien der Nobel Company gern 5 Kopeken pro Pud, später reduziert auf 1,5 Kopeken pro Pud, um die kostensparende Nobel-Pipeline nutzen zu dürfen. Es dauerte nur ein Jahr, bis Ludwigs Investition vollständig bezahlt war, einschließlich der Kosten für die Kosaken und ihre Wachtürme.

 

Die Konkurrenz in Baku begann dann, ihre eigenen Pipelines zu bauen, die oft nicht den Nobel-Standards entsprachen und ein Labyrinth aus notdürftig zusammengebauten, undichten und schlecht passenden Rohren errichteten, die oft das Ziel von nächtlichen Räubern waren, die Öl aus der Leitung eines anderen Produzenten in ihre eigene leiteten, Leitungen in ihre eigenen Lagertanks umleiteten oder das Öl einfach in den Sand abließen.

 

Zoroaster war das erste Bessemer-Stahlschiff der Welt und erhielt seinen Namen vom Feueranbeter-Propheten Zarathustra, der auch zum Firmensymbol von Branobel wurde. (Quelle branobelhistory)

 

Pipeline zum Hafen

Nachdem die Pipeline vom Feld zur Raffinerie fertiggestellt war, wurde eine weitere von der Raffinerie zum Hafen verlegt, und dort begann die eigentliche Herausforderung für Ludvig. Er musste sich ein besseres Mittel als Holzfässer und Segelschiffe einfallen lassen, um Roberts hochwertiges als Kerosin bezeichnetes Petroleum von Baku in die Städte Russlands zu bringen, wo es einen wachsenden Markt für das neue Leuchtmittel gab.

 

Die Erfindung der Ölraffination führte zur Verfügbarkeit von Kerosin als Lampenöl, das im Gegensatz zum bis dahin weit verbreiteten Walöl rauchfrei verbrennt. Das in Rußland als Kerosin bezeichnete Lampenöl wurde auch als Pennsylvania Kerosine bekannt. Aufgrund von Überfischung wurde Walöl selten und teuer. Zu dieser Zeit hatte Erdöl begonnen, Fisch-, Wal- und Pflanzenöle für Anwendungen wie Innen- und Außenbeleuchtung zu ersetzen.

 

Es gab auch die Anfänge eines Marktes für das, was die Tataren „Mazut“ und die Russen „Astatki“ nannten, das Restöl, das nach der Raffination des als Kerosins bezeichneten Rohöls in den offenen Pfannen übrig blieb. Dieses Restöl konnte sicherlich nicht in Fässern verschifft werden, denn das hätte den Markt überfordert. Aber wenn es in großen Mengen transportiert und in großen Tanks von einem Hafen zum anderen befördert werden konnte, glaubte Ludwig, dass das Produkt mit den traditionellen Brennstoffquellen konkurrieren könnte, insbesondere in den Gebieten um das Kaspische Meer und die untere Wolga, wo Bäume knapp und Wälder erschöpft waren. Zu dieser Zeit importierte Russland seine Kohle aus England, und das Restöl als einheimische und weniger teure Brennstoffquelle war daher für die Regierung und die Privatwirtschaft von großem Interesse.

 

Wörtlich übernommen aus:

Die Gartenlaube (1884). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1884,

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Neue Wege zu uralten Lichtquellen.

 

Der Kaukasus lag vom Weltverkehr abgeschnitten. Das der Erde entströmende Naphtha wurde hier bald an Ort und Stelle billiger verkauft als das Trinkwasser in Baku, allein die Transportkosten vertheuerten es ungeheuer. Aus den Bohrlöchern ließ man das Erdöl in große Reservoirs fließen, und oft brach der Oelstrahl mit solcher Mächtigkeit aus dem Bohrloch, daß man weder ein Mittel fand, dies wieder zu schließen, noch auch Reservoirs schaffen konnte, um die Naphthafluth aufzunehmen. Jene überschwemmte darum das Land und bildete Oelteiche und Lachen. Aus den Reservoirs mußte man nun das Naphtha auf zweirädrigen Karren 11 Werst (rund 11 km) weit zur Destillation transportiren, und dieser Transport kostete 9 Kopeken pro Pud. Da nun 3 Pud Naphtha dazu gehören, um durch die Destillation 1 Pud Petroleum zu erhalten, so betrugen die Kosten für dies 1 Pud Petroleum schon 27 Kopeken, noch bevor dasselbe zu weiterer Verschickung bereit lag. Mit den Rückständen, welche bei der Abklärung des Naphtha zum Petroleum gewonnen wurden, wußte man derzeit gar nichts anzufangen.

 

Die Zoroaster  konnte ab 1878 zwischen Astrachan und Baku entlang der Wolga und des Kaspischen Meeres etwa 240 Bruttotonnen Rohöl oder Kerosin transportieren  .(Quelle: Robert W. Tolf )

 

 

Schiffe zum Öltransport

Ludvigs ersten Experimente erfolgten mit Lastkähnen, die mit Masud beladen waren. Sie leckten, aber nicht zu stark, solange der Ladestand dem des Wasserspiegels entsprach. Dann begann er, ein speziell konstruiertes Tankschiff zu entwerfen, das ausschließlich für den Massentransport von Öl gebaut wurde.

 

Sicherheitsaspekte waren die ersten Probleme, die es zu überwinden galt. Das Öl war vom Kesselbereich abzudichten und der Laderaum zu belüften, damit sich keine Gase ansammeln konnten.

Seine eigene schiffstechnische Ausbildung, die er in den 1850er Jahren bei der Arbeit an den Dampfmaschinen der Marine erworben hatte, lieferte das notwendige Hintergrundwissen und ermöglichte es ihm, allgemeine Pläne zu zeichnen und eng mit seinen Zeichnern an den Spezifikationen der Dampfmaschine zu arbeiten. Für die Detailzeichnungen, die eigentlichen Konstruktionspläne, war er jedoch auf die Firma angewiesen, die für den Bau des Schiffes ausgewählt wurde.

 

Bau der Zoroaster

 Als keine russische Werft Interesse zeigte, wechselte Ludvig zur kleinen Werft Lindholmen-Motala in Schweden und entwarf dort mit Direktor Sven Almqvist, dem technischer Leiter der Motala-Werkstätten

den ersten Öltanker der Welt. Der Vertrag wurde im Januar 1878 unterzeichnet und die Bauwerft entwarf und baute daraufhin den Dampfer Zoroaster mit 21 eingebauten zylindrischen Zisternentanks und mittschiffs angeordneter ölgefeuerter Kesselanlage. Neun Monate später bestellte er zwei weitere Tanker desselben Designs. Sie wurden Buddha und Nordenskjöld getauft. Das erste Schiff dieser Linie, der erste Öltanker der Welt, erhielt den treffendsten Namen Zoroaster. Es war das erste von drei Nobelschiffen zu Ehren der antiken Feueranbeter.

 

Es war auch eines der ersten Schiffe der Welt, das aus Bessemer-Stahl gebaut wurde, und wie seine beiden Schwesterschiffe verfügte es über eingebaute Eisentanks, um eine Kerosinladung von 242 Tonnen zu transportieren. Es war mit 371 tons vermessen und mit einer Länge von  56 m, einer Breite von  8,22 m und einem Tiefgang von 2,75 m musste die Zoroaster klein genug sein, um die lange Reise über schwedische Seen und Kanäle zu bewältigen. Die acht losen Zisternen der Zoroaster konnten entfernt werden, um den Tiefgang in seichten Kanälen zu verringern. Es war Ludwigs erster Sohn, Hjalmar Crusell, der das Schiff im Mai  1878 über die Ostsee durch das russische Flusssystem und die Wasserstraßen nach Baku brachte. 

 

Von Schweden über die Ostsee, durch die  Ladoga- und Onega-Seen, entlang des Rybinski- und des Marinski-Kanals, die Wolga hinunter und über das Kaspische Meer. Die Reise musste daher während des Hochwassers der Frühjahrstauwetterperiode stattfinden. Die  im Laderaum verbauten zylindrischen Zisternentanks wurden später herausgenommen und der komplette Schiffsraum bis auf den Doppelboden als Tank genutzt.

 

Eintragung der Zoroaster in das Verzeichnis von Lloyds Register 1887/88

Nobel begann auch, Einhüllenkonstruktionen zu verwenden, bei denen der Schiffsrumpf Teil der Tankstruktur ist. Im November 1880 bestellte er mit der Moses seinen ersten Einhüllentanker, Innerhalb eines Jahres bestellte er weitere Einhüllentanker: die  Tatarin, Bramah, Socrates, Koran, Talmud und Calmuck.

 

Danach folgten prinzipähnliche größere Nachbauten mit weiter achtern angeordneter Maschinenanlage wie die Nordenskjold und die Buddha. Sie wurden in drei Teilen auf Pontons von Schweden zum Kaspischen Meer verschifft und in Astrachan zusammengebautDiese Schiffe waren der Start zu einer schnell wachsenden Flotte von Dampfern und Bargen zum Öltransport und von Schleppern, die zum Transport der Bargen dienten und das Anlegen erleichterte

 

Von der gleichen Werft wurde auch die Petrolea gebaut, das 1886 in Betrieb genommen wurde. Sie galt, zusammen mit der zeitgleich erbauten Glückauf, als weltweit erstes seegehendes Öltankschiff moderner Bauart.

 

1881 explodierte Zoroasters Schwesterschiff Nordenskjöld in Baku beim Laden von Kerosin. Das Rohr mit der Ladung wurde von einer Windböe aus dem Laderaum gerissen. Kerosin ergoss sich auf das Deck und in den Maschinenraum, wo Mechaniker im Licht von Kerosinlampen arbeiteten. Das Schiff explodierte und tötete die Hälfte der Besatzung. Nobel reagierte auf die Katastrophe, indem für das Laden und Löschen ein flexibles Laderohr, also ein Schlauch entwickelt wurde, der die Schiffsbwegungen an der Pier ausgleichen konnte.

 

Ludvig investiert in größere und wendigere Tanker, die über die russischen Flüsse und Seen nordwärts bis zur Ostsee unterwegs sind. Bald werden sie auch den Atlantik befahren. Sie theißen Mohammed, Spinoza, und Darwin. Bald lag ein Großteil des russischen Ölhandels in den Händen der Branobel-gesellschaft.

 

1883 machte der Öltankerbau einen großen Schritt nach vorne. Der britische Ingenieur Colonel Henry F. Swan, der für die Nobel-Gesellschaft arbeitete, entwarf eine Reihe von drei Nobel-Tankern. Statt eines oder zwei großer Laderäume verwendete Swans Entwurf mehrere Laderäume. Diese Laderäume wurden durch ein Längsschott zusätzlich in Backbord- und Steuerbordabschnitte unterteilt. Damit verringerten sich die Stabilitätsprobleme aufgrund des freien Oberflächeneffekts, bei dem von einer Seite zur anderen Seite schwappendes Öl ein Schiff zum Kentern bringen konnte.

 

Dieser heute fast universelle Ansatz wurde erstmals von Swan in den Nobel-Tankern Blesk, Lumen und Lux angewendet.

 

25 Jahre Branobel

Als das Unternehmen 1904 sein 25-jähriges Bestehen feiert, verfügt es über 12.000 Mitarbeiter, 40 Ölfelder, fünf Raffinerien und 150 Depots in Rußland wie Zaryzin (später Stalingrad, heute Wolgograd) sowie Moskau. Dazu kamen 1500 Tankwaggons und eine Flotte von zwölf Tankern um das Öl zu verteilen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Nobel Elektrizitätswerk in Astrachan um 1900 (Quelle Tolf)

Anlagen der Gesellschaft Gebrüder Nobel in Zaryzin (später Stalingrad, heute Wolgograd) an der Wolga (Quelle: Die Gartenlaube)
A ist eine schwimmende Landungsbrücke, auf der sich ein Dampfkessel und eine Dampfpumpe befinden, vermittelst welcher man die flüssige Waare aus den Transportschiffen B durch die Rohrleitung C, nach den Reservoiren D, welche 120 Fuß über dem Niveau der Wolga liegen, hinauf pumpt. Von diesen Reservoiren fließt das Petroleum von selbst nach den Waggon-Cisternen, welche untenzu einem Zuge combinirt zu sehen sind. E sind die Wohnhäuser der Beamten. F ist eine mechanische Faßbinderei, T ein Wasserthurm und K die Stadt Zaryzin.

Rohöl-Produktion in Aserbaidschan von 1879-2006 (Quelle Wikipedia)

Quellen:

 

Die Gartenlaube (1884). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1884, Seite 497.

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Neue Wege zu uralten Lichtquellen.

 

Tolf, Robert W. (1976). The Russian Rockefellers: The Saga of the Nobel Family and the Russian Oil Industry. Hoover Press. ISBN 0-8179-6581-5.

 

https://www.branobelhistory.com/themes/the-branobel-company/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1880, 2. Ausgabe, 200 Aktien, Seriennummer 601 – 800

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1911, Viersprachig russisch, deutsch, französisch und englisch. Mit Faksimile-Signatur des schwedisch-russischen Erdölmagnats Emanuel Nobel (1859-1932), Sohn von Ludvig Nobel, dem Bruder Alfred Nobels.